Kapitel 8

 Urbains Geschichte

Urbain wohnte die erste Zeit nach dem Umzug mit seinen Halbgeschwistern in StrangerVille. Wegen seinen Auslandseinsätzen war er aber viel unterwegs und kaum zu Hause. In den folgenden Jahren heirateten seine Geschwister und verließen die WG wegen der Familiengründung. 

Dann verkaufte er das Haus in StrangerVille und blieb weiterhin im Ausland. Er schlief bei Verwandten, wenn er mal im Land war. 

Aber mit Mitte 20 überlebte er einen Anschlag im einen Auslandseinsatz und verlor beinahe sein Bein. Mit viel Reha durfte er nach 1 1/2 Jahren wieder in den Dienst. Aber alle befreundete Kameraden waren entweder damals verstorben oder aufgestiegen. Die Einheit, die seine ersetzte, bestand nun aus jungen, unverbrauchten Soldaten ohne große Erfahrung. 

Urbain fühlte, dass er nicht mehr aufs Feld oder in Kontrollfahrten gehört. Er machte eine Schulung zum Sani und später zum Arzt. Dort muss er nicht aufs Feld und kann dem Land anders dienen im Ausland. 

Er mietete sich eine kleine Wohnung und lernte den hübschen Barkeeper Israel Hamar kennen. Beide Männer wussten sofort, dass sie füreinander bestimmt waren. Aber die Kultur seines Landes verbot homosexuelle Beziehungen und Urbain musste leider wieder nach Amerika gehen, weil sein Dienst auslief.

"Sehen wir uns wieder?", fragte Israel ihn.

"Das hoffe ich. Du warst eine schöne Gesellschaft", antwortete Urbain bei einem Drink mit ihm.

Kurz darauf kaufte sich Urbain ein Haus in Windenburg und wurde Leiter der Gerichtsmedizin. Er lebte sich rasch ein und hasst heute sein Spiegelbild. Narben zieren vom Krieg sein Gesicht. Und das nicht nur Äußerlich, sondern auch in der Seele. Aber er bereut es auch nicht, diese Erfahrung gemacht zu haben. Wobei er manchmal von toten Menschen träumt oder Menschen, die durch seine Hand sterben. Wenn er Leichen obduziert, hat er immer das Gefühl, als sprechen die Toten zu ihm. 

Trotz allem sind immer noch die Frauen von ihm angetan. Und seine Angestellten respektieren seine Fähigkeiten, alles schnell zu erfassen und die richtigen Rückschlüsse ziehen zu können. Natürlich wissen sie auch, dass er früher ein Soldat war und nur aus gesundheitlichen Gründen seine Karriere beendete. 

Zum Entspannen hat er Yoga für sich entdeckt oder liest vor dem Kamin ein Buch zu klassischer Musik. Da denkt man nicht, dass er sehr sportlich ist. Aber im Winter melden sich die alten Verletzungen und mit Anfang 30 fühlt er sich dann alt, wenn er kaum laufen kann oder das Gesicht vor Schmerzen fast taub ist. 

 

Er holte sich auch ein Haustier.

 

Dann stand Israel vor seiner Türe und der alte Funke war wieder da. Dieser hatte sogar seine Frau verlassen, um mit ihm ein gemeinsames Leben in Amerika anzufangen. Vor allem auch, weil er in seiner Heimat gesteinigt worden wäre, wüsste man seine wahren Gefühle für Männer. 

 

Da Winter war, wärmten sich beide Männer gerne am Kamin und kuschelten rum. 

 

Sie entschieden sich sogar für eine Beziehung. 

 

Wobei Israel Hamar keine schöne Vorgeschichte hat. In seinem Heimatland ist seit vielen Jahren Krieg und jede Seite bekommt immer vom Ausland Hilfe. Mehrmals wurde die Schreinerei seines Vaters zerstört in der Stadt, wenn Bomben fielen. Eigentlich sollte er auch den Beruf erlernen. Aber Israel ist kein Handwerker und nicht sehr geschickt darin, Möbel zu fertigen. Also fing er in einer Bar an. 

Dann kam sein Vater auf die Idee, ihn zu verheiraten, ohne ihn zu fragen. Über Nacht stand er vor einem Traualtar und heiratete die hübsche Nachbarstochter. Die zum Glück lesbisch ist und nur heiratete, damit sie Ruhe hat. Beide gingen in die Hauptstadt und suchten sich Jobs. In der Zeit lernten beide Menschen kennen, in denen sie sich verliebten und nicht aus ihrem Land kamen. 

Sie folgten jetzt den Leuten nach Amerika und stellten fest, dass beide auch sie wollten. Also kam die Scheidung und er zog zu Urbain. 

Die Eltern im Ausland fühlten sich beschämt und entschieden, beide aus der Familie zu werfen. Weil sie die Ehre der Familie verletzt hatten.  

Beide wollen keine Kinder haben. Sie sind mit dem Jetzt glücklich und haben immerhin eine Katze als ihr Baby.