Kapitel 2

 Ein verborgenes Talent

Robin

Ich mache immer Yoga und die Nachbarn sind auch gerne bei mir. Natürlich fragen sie mich, warum ich ohne meine Familie lebe. Aber ich behalte die Sache immer noch für mich. Sonst halten sie mich für verrückt und weisen mich irgendwo noch ein. 

Ich ging in die Karaokebar und lauschte einer Sängerin. Sie konnte so gut singen. Aber ich kann doch nicht mal ein Ton treffen und singe nur unter der Dusche gerne. Als sie fertig war, ging sie zur Bar und die Zuschauer  lösten sich wieder auf. 


Ich starrte ganze Zeit die Anlage an und kämpfte mit mir. Ein Teil wollte von mir singen und der andere Teil abhauen. Dann kam der Barkeeper und meinte, ich solle es versuchen. Er musste sich schon einige schlechter Sänger anhören und ist schiefe Tonlagen gewohnt.

"Aber wenn ich mich blamiere", sagte ich fast weinerlich.

"Das Ding ist nur zum Spaß da. Blamieren ist da nicht so tragisch", sagte er locker und stupste mich an der Schulter an. 

Mit zittrigen Beinen ging ich aufs Podest und wählte ein Lied. Nach wenigen Sekunden war meine Angst verflogen und ich traute mich mit voller Lunge zu singen. Sofort war der Laden voll und alle hörten nur mir zu. Ich starb innerlich vor Angst, aber der Spaßfaktor entspannte mich. Als ich fertig war, klatschten alle und der Barkeeper rief mir zu:

"Wirklich das erste Mal? Deine Stimme ist Bombe und du siehst sehr schön aus. Aus dir kann eine erfolgreiche Sängerin werden, wenn du deine Ängste in den Griff bekommst."

Alle stimmten da zu. Ich weinte und rannte nach Hause. Vor so vielen Leuten habe ich mich nur blamiert. So toll kann doch meine Stimme nicht sein. 


Ich kam die nächsten Tage wieder und beobachtete die ganzen guten Sänger. Auch schlechte Sänger. Leider zähle ich zu den schlechten Sängern, auch wenn es mein Umfeld anders sieht. 


Ich begann immer öfters vor Publikum zu singen und meine Angst wurde weniger. Mittlerweile liebe ich es sogar, vor Publikum zu singen. Wenn ich singe, lenke ich mich von meinen Ängsten ab und mein Therapeut meint, mir täte es gut. Ich wirkte viel glücklicher und entspannter als vorher. Oder bei der ersten Sitzung vor sechs Monaten.


Irgendwann entdeckte ich meinen Mitschüler Vance Behr. Er gilt als arrogant und verwöhnt. Dazu lernte er für die Abschlussprüfung. Ich habe auch bald meine Prüfung. Aber ich lerne viel in der Woche und genieße das Wochenende.

"Wollen wir nicht zusammen singen?", fragte ich ihn.

Er schaute mich komisch an und wurde rot.

"Ich kann nicht so gut wie du singen. Sorry. Dazu muss ich meinen Eltern beweisen, dass ich mehr kann als nur ihr Geld auszugeben", erklärte er.

Er schaute hoch und mich an.

"Aber für ein Drink habe ich Zeit. Vom Lernen dröhnt mir bereits der Schädel", sagte er lächelnd. 

Er kam mit zwei Drinks zurück und reichte mir eins. Irgendwie bekam ich Lust auf Sex und ging mit ihm aufs Klo. 


Danach sagte er:

"Du warst enttäuschend. Ich hätte mehr bei deinem Aussehen erwartet. Als wärst du noch eine Jungfrau. Aber in unserem Alter kann es nicht sein."

"Ich habe nur lange keinen Sex mehr gehabt und bin aus der Übung", erwiderte ich verärgert.

In Wahrheit war ich wirklich bis jetzt Jungfrau und verlor sie an einem Idioten. Wir zogen uns an und gingen heim. Schwanger war ich zum Glück nicht von den Deppen. 


Als ich am Montag in die Schule ging, tuschelten alle und zeigten mit dem Finger auf mich. Eine Freundin nahm mich zur Seite und sagte besorgt:

"Hast du mal die Sozialen Medien gecheckt? An deiner Stelle wäre ich zu Hause geblieben."

Ich verwende aus Prinzip keine Sozialen Medien. Weil ich lieber von Gesicht zu Gesicht mit einem rede. 

"Ich nutze sie sehr selten. Eigentlich nie. Was ist denn da so schlimmes hochgeladen worden, dass alle Tuscheln müssen?", antwortete ich verwirrt.

Sie zog ihr Smartphone aus der Tasche und zeigte mir ein Video von Freitagabend. Wo ich Sex mit diesem Ekel hatte. 

"Oh nein. Ich wusste nicht mal, dass er das gefilmt hatte. Es ist so peinlich", sagte ich nach der Sichtigung.

"Wir gehen nachher zur Polizei. Der bekommt sein Fett schon weg", sagte meine Freundin.

Nach der Schule fuhren wir zur Polizei und sie zeigte ihnen das Video, wo man sah, dass es aus einem Versteck gefilmt wurde. Ich berichtete von meinem Verlangen nach Sex, nachdem ich etwas getrunken hatte.

"Drogen. Es waren sicher Drogen im Blut. Wir müssen eine Blutentnahme machen lassen, um sicher zu gehen. Wenn Sie Pech haben, ist es aus dem Kreislauf raus. Bei Glück noch nachweisbar", sagte dieser.

Weinend fiel ich in die Arme meiner Freundin und ließ mir vom Arzt Blut abnehmen. Man konnte wirklich Sexdrogen nachweisen. Dazu das Video. 

Zwei Tage später kam Vance nicht zur Schule und sein Account war gesperrt. Sowie das Video nicht mehr einsehbar. Manche berichteten, sie hätten ihn am Morgen verhaftet und zwei Mädchen bei ihm gefunden, die bewusstlos waren. Zumindest erzählten es die Mitschüler, die nebenan wohnen. 

Seine Mutter weinte bitter und sein Vater sah wie eine Mischung aus beschämt und sauer aus. Zwei Krankenwagen holten sogar die Schülerinnen ab und man konnte den Gerüchten nach Drogen sofort nachweisen. Und in seiner Tasche waren Sexdrogen auch zu finden. 

Jetzt hatte mein Angreifer einen Zellengenossen aus der Schule. Die Polizei fand auf seinem Account im privaten Bereich noch mehr Sexvideos, die teilweise geteilt worden sind. Es wurden immer mehr Opfer gefunden und am Ende waren es 20 Mädchen, die er zu Sex gezwungen hatte. 

Die 30 Jahre Haft würde er im gleichen Trakt wie der andere Täter von früher verbringen. Beide in einer Zelle.

Aber es veränderte sich noch eine andere Sache. Ein Jazzclubbesitzer sah mich singen und bot mir einen Job als Sängerin in seinem Club an, sobald ich die Schule beendet habe. 

Ich googelte den Club und fand heraus, dass Leute aus dem ganzen Land dort Gäste sind. Dazu spielt seine Band Bigband und Jazz. Der Laden ist teuer, wenn es ums Essen und Trinken geht. Leider ist seine Sängerin weggezogen und er braucht dringend eine Neue.

Meine Betreuerin studierte den Arbeitsvertrag und nannte ihn als eine Chance, aus dem Teufelskreis zu entkommen. Ich unterschrieb. Da er gerade eh eine Renovierung hat, passte die Neueröffnug mit meinem Schulabschluss.

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