Kapitel 10

 Ich schaute mal nach ein paar Leuten von meiner alten Familie. 

Patrick Clemens heiratete die junge Norma. Sie ist Magierin. Er arbeitet inzwischen im IT-Wesen. Beide haben Tochter Elena, die ebenfalls eine Magierin ist. Ihr Häuschen steht in Glimmerbrooke. 

Cousin William Henry heiratete die Sulanerin Nadja Rot. Nach seinem Ableben zog sie wieder nach Sulani. Sein erwachsener Sohn Erik ist Wahrsager und Farmer. Er lebt in Henford und leitet sein Erbe weiter.


Lulu

Ich bekam mit Manabu Sohn Isamu. Sein Name bedeutet Mut.


Er hielt uns sehr häufig wach in der Nacht, als er noch ein Baby war.


Und früh morgens kam ein Wecker mit dem Namen Grimm in unser Bett. Er heulte so furchtbar, dass wir immer wach wurden. Als man ihm folgte, landete man immer in der Küche vor dem Napf. 


Ich wurde mit meiner Freundin Jun Lee als Führerin für die Berge gebucht. Ein Ehepaar aus der Stadt wollte unbedingt im Hochwinter durch die Berge wandern gehen und es auch noch besteigen, obwohl man sie warnte, dass das Wetter zu unbeständig sei. Wie manche Menschen eben sind hörte man nicht auf die Einheimischen mit Erfahrung mit dieser Gegend. 

Auf der Bergspitze machten sie gefühlte 1.000 Selfies und dann ging es wieder runter in das Basiscamp. Die Nacht war soweit ruhig, bis Jun in mein Zelt kam und fragte, ob mein Lawinenalarmgerät funktioniere. Als sie aufs Klo musste, spürte sie mehrere starke Beben und das war immer ein Zeichen von einer Lawine, die noch weit weg war. 

Ich holte mein Gerät raus und es schlug sowas von aus.

"Fuck. Ich hole das Paar und dann gehen wir in die Höhle", sagte Jun.

Ich packe sofort meine Sachen und ihre auch ein. Dann nahm sie ihren Rucksack und das mürrische Ehepaar mitsamt deren Rucksäcke mit. Das Donnern wurde immer lauter auf dem Weg zur Höhle und das Paar verhielt sich wie ein Kind.

"Wann sind wir da?", wiederholten sie alle paar Sekunden. 

Irgendwann sagten Jun und ich gar nichts mehr und zerrten sie mit uns mit. Dann kam eine gefährliche Stelle. Eine alte Eisbrücke trennte uns von der sicheren Höhle auf der anderen Seite. Ich ging mit der Frau vor und sie klammerte sich am mir vor Angst. 

Dann waren Jun und der Ehemann dran. Plötzlich stoppten beide, weil der Mann vor Angst heulte und gelähmt war.

"Wir müssen weiter. Sonst sterben wir", sagte Jun streng.

Das Eis begann Risse unter ihnen zu bilden und ich sah es zum Glück noch zeitig. 

"Rennt. Das Teil bricht gleich ein", rief ich Jun zu. 

Die Ehefrau rannte los und hinter ihr zerbrach das Eis. Auf der anderen Seite war die Lawine bereits zu sehen. Ich sah nur noch, wie alle Drei in den Tod stürzten und wenigen Minuten später eine Lawine runter kam. 

Weinend fiel ich auf die Knie und ging in die sichere Höhle. In diesem Teil des Gebirges hatte man keinen Empfang mehr und das Basislager war von der Lawine zerstört worden. 

Am nächsten Morgen trank und aß ich etwas, bevor ich nach einem Weg nach unten suchte. Aber der einzige Weg war vorher die Brücke gewesen, die es nicht mehr gab. Also nahm ich meine beschädigte Ausrüstung und kletterte vorsichtig runter. Die Wand knarzte furchtbar und schien nicht sehr stabil zu sein, aber ich musste runter und Hilfe holen. 

Dann sah ich die Haken aus der Wand fliegen und stürzte in die Tiefe. Ich weinte und dann wurde mir schwarz. Ein stechender Schmerz ließ mich aber wieder wach werden und ich sah verschwommen, dass ich auf Schnee gelandet war. Mein Hab und Gut lag verstreut rum und ich konnte das linke Bein nicht bewegen. Es hatte sogar einen komischen Winkel angenommen und fühlte sich taub an. Mein Kopf blutete und meine Rippen schmerzten. Wenn ich jetzt keine Hilfe finde, werde ich an meinen Verletzungen versterben. 

Also packte ich alles ich mein Rucksack und bewegte mich mit den Armen über den Schnee. In der Ferne sah ich bereits ein anderes Lager, was noch stand und als unteres Basislager dient. Mit meinen letzten Kräften schleppte ich mich da hin und funkte die Bergrettung an. 

Sie versuchten mich wach zu halten, während man Rettung und ein Suchtrupp für die Vermissten aussandte. Aber ich war so müde und erschöpft. Selbst mein Wasser war bereits leer und ich dämmerte immer mehr weg. Meine Schmerzen schienen langsam immer mehr in weiter Ferne zu sein. Mir dämmerte, dass ich gerade am Sterben war oder bereits halb Tod war. Ich versuchte wach zu bleiben, aber am Ende fehlte mir die Kraft dafür. 

Dann fiel ich in einem tiefen Schlaf. 

Ich weiß nicht, wie lange ich bewusstlos war, aber ich wachte auf der Intensivstation im Krankenhaus auf und meine Eltern saßen neben mir mit Manabu.

"Ich brauche sofort einen Arzt", rief Mama und rannte raus.

Der Arzt machte einige Tests mit mir und befand mich kopftechnisch als fit. Sowie meine Motorik. Aber sie noch leicht eingeschränkt. Mein Bein war in einem Drahtgestell und ich fragte Manabu:

"Wie lange war ich weg?"

"Acht Monate, Liebling. Dein Bein war mehrfach gebrochen und wurde erst vor wenigen Tagen zum dritten Mal operiert.  Wir haben uns solche Sorgen gemacht, als man dich einlieferte. Du sahst mehr Tod als lebendig aus und überall war Blut. Innerhalb weniger Minuten warst du im OP. Die Ärzte meinten, du würdest nie wieder aufwachen. Aber wir glaubten an deine Stärke", sagte er weinend und drückte meine Hand.

"Und Jun Lee?", fragte ich stockend mit ahnender Antwort.

Alle schauten sich traurig an und Mama sagte:

"Deine Freundin und das Ehepaar wurden Tage später Tod aufgefunden. Sie suchten ewig nach ihnen, weil die Lawine einen langen Weg hatte und keiner wusste, wo man in die Lawine gestürzt war."

Ich weinte nur bitter und drückte mich an Manabu. 

"Sie werden erstmal nach der Genesung eine Reha machen müssen, weil die Muskeln abgebaut haben", sagte der Arzt wenige Wochen später.

Ich lag immer noch im Krankenhaus, aber auf der normalen Station und ich brauchte keine OP mehr, weil der Knochen wie geplant verheilt war im Bein. Und dieses Gestell war weg. Mit Krücken kam ich bereits zur Toilette und brauchte keinen Katheder mehr. 

Die Zeit in der Reha war anstrengend. Mental und Körperlich. Mehrere Monate war ich dort und musste wieder meine Beinmuskelatur aufbauen. Aber eine Sache wollte ich wieder machen. Bergsteigen. Meine Familie war besorgt nach dem Vorfall und meinen langen Krankenhausaufenthalt. Vielleicht würde ich das nächste Mal sogar sterben. Aber ich wollte für Jun Lee ein Kreuz aufstellen, wo sie verstorben war.


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