Kapitel 6

 Aura, 8 Jahre später

Ich kann nicht mehr. Ich kann einfach nicht mehr. Am liebsten würde ich alles hinter mir lassen. Die Kinder. Meine Vergangenheit. Immer wieder habe ich mich so angepasst wie die Leute etwas von mir wollten. Aber ich bin leer und müde davon. Also haue ich mit meinem Ehemann Alexander Grusel ins Ausland ab und bezahle die laufenden fürs Haus und zum Leben, damit  Lilith nicht arbeiten muss. 

 Lilith

Ich fand eines Morgens mit 16 Jahren einen Brief vor auf meiner Kommode.

"Liebe Lilith,

es tut mir leid, aber ich brauche eine längere Auszeit. Auf dem Konto ist genug Geld zum Leben und für deine Uni später. 

Deine Eltern."

Ich steckte ihn einer der Schubladen und schaute im Schlafzimmer meiner Eltern nach. Sie waren wirklich weg und die Schränke leer. Tränen kullerten über meine Wangen und ich entschloss mich, alles in dem Raum Staubsicher abzudecken und die Fenster Wetterfest zu machen. Nachdem ich das gemacht habe, schloss ich den Raum ab und machte Frühstück. Jetzt war ich ungewollt in die Mutterrolle gerutscht und musste unsere Familie vor dem Jugendamt schützen.

Ich machte neben der Schule den Haushalt, lernte für die Uni und erzog meine Geschwister. Dazu log ich immer, wenn man nach meinen Eltern fragte. Seien es die Nachbarn oder die Schule. Aber man glaubte mir die Ausrede, dass Mama und Papa nur gerade psychische Probleme hatten und nicht das Haus verlassen konnten. 

Die letzten beiden Jahre ging es gut und ich konnte uns als Familie erhalten. 

Jetzt schaffte ich es sogar auf die Uni und musste viel Lernen, obwohl ich ein Genie bin. Zum Glück waren die Kleinen alle in der Schule inzwischen und ich habe meine Kurse immer Mittags und Nachmittags. Fee und Erik besuchen bald die Mittelstufe während Ivy in der Unterstufe ist.


Aus dem Nichts stand ernsthaft meine Rabenmutter vor der Türe. Zwei Jahre später.

"Was willst du denn hier? Hast du uns nicht verlassen vor einiger Zeit?", fragte ich misstrauisch. 

Mama wurde blass und bat nur, kurz ins Haus zu kommen. In unseren Haus in Brindleton Bay. Widerwillig machte ich es und meine Geschwister fielen ihr um den Hals. Ich bestellte Essen und mied meine Mutter. Diese bemerkte meine Stimmung, wurde aber von meinen jüngeren Geschwistern auf Trab gehalten und konnte mit mir nicht reden.

Aber beim Essen versuchte sie das Eis zwischen uns zu brechen, was nicht wirklich klappte. Ich war immer noch angepisst wegen ihrer Flucht und wollte mit ihr nicht reden. Auch ein gemeinsames Spiel verbesserte es nicht.


Also bat sie mich, dass wir woanders ohne die Geschwister reden. Da Erik und Fee alt genug sind, um auf Ivy aufzupassen, machten sie es. Wir reisten in die örtliche Bar und sofort war wieder diese Spannung zwischen uns. Wir bestellten uns Drinks und sie sagte:

"Es tut mir so leid. Ich war damals ausgebrannt von meiner Vergangenheit und anderen Sachen. Ich brauchte eine Pause von euch und dem Leben, was ich führte."

"Und deshalb rennst du davon? Lässt mich mit den Kleinen alleine und ich muss als Teenie schauen, wie ich uns die Behörden vom Leib halte!", sagte ich sauer und zerdrückte fast das Glas dabei.

"Aber ich brauchte wirklich eine Pause. Es war zu viel geworden für mich und Alex", sagte sie flehend.

"Mich wundert auch, dass du nicht fragst, was ich jetzt mache? Als junge Erwachsene", sagte ich schnippisch.

"Du bist sicher zu Hause und machst den Haushalt wie ich damals. Und hast deine Träume aufgegeben wie ich es musste wegen euch", sagte ich verwirrt.

Das klang so anklagend. Als hätten wir ihr Leben ruiniert.

"Ich studiere und muss alles alleine bewältigen. Jetzt kann ich meine Geschwister nicht mehr verlieren, aber ich will nur eine Antwort haben. Was waren deine Träume damals in jungen Jahren, als du mit Code auf die Erde gekommen bist?", fragte ich sauer.

Sie überlegte und antwortete:

"Ich wollte frei sein. Mein eigenes Leben führen und die Erfüllung finden, die mich glücklich macht."

"Hast du sie gefunden?", bohrte ich nach.

"Anfangs ja. Ich hatte ihn Henford eine kleine Farm mit Tieren und Pflanzen. Das war die schönste Zeit. Dann passierten einige Sachen und ich wurde unglücklich", sagte sie.

Das heißt wohl meine Geschwister und ich. Aber das Geld nahm sie gerne. Ich ging und sagte:

"Du kannst ja bald wieder deine Mutterrolle ungewollt einnehmen. Ich ziehe nach Britechester in der Nähe meiner Uni."

Sie schaute mich entsetzt an, während die Türe zuging.

 

Ich bereitete mich bereits auf dem Auszug vor und meine Geschwister schauten mich entsetzt an. 

"Große Schwester. Wer kümmert sich denn jetzt um uns?", fragte sie panisch.

"Mama und Papa. Sie werden bald wieder einziehen", sagte ich zu ihnen. 

Mit dem Umzug würde ich mir die stundenlange Pendelei ersparen. Aber ich hatte Sorge, dass Mama und Papa wieder abhauen. 

 

Dank Mama hatten wir zwar immer eine Haushaltshilfe, aber sie ersetzt keine Mutter in dem Sinne.

 

Einen Tag vor meinem Auszug standen wirklich meine Eltern auf der Matte und wirkten alles andere als glücklich. Vor allem Alexander. Und die Geschwister hatten neben Freunde noch Projekte dabei, die sie machen mussten. Ich wollte schon meine Mutter anschnauzen, dass sie glücklicher wirken soll, aber ich hielt meinen Mund und bereitete mich für den Umzug vor. 

 

Und ich brauchte dringend den Umzug. Ich konnte einfach nicht mehr mental so viel bewältigen. 

 

Der Umzug fiel mir echt schwer, aber es war auch eine Erleichterung gleichzeitig. Endlich konnte ich mich aufs Studium konzentrieren. Auf der anderen Seite hatte ich Sorge um die Geschwister. Motiviert wirkten unsere Eltern nicht gerade. 






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